Jetzt kommt Leben in die Bude

Die Presse zum Mitgliedervotum über den SPD-Parteivorstand huldigt zum Großteil der ebenso fantasielosen wie billigen Untergangsrhetorik. Da ist es dann ganz nett, wenn man auch mal zwei andere Stimmen hört.

Da ist zunächst Christian Bangel, der unter der Überschrift „SPD: Sie lebt!“ schreibt. Ein längerer Artikel, der sich zu lesen lohnt und der schließlich in bemerkenswerten Schlussfolgerungen endet:

„Nein, die SPD ist nicht tot. Das sah man am Samstag nach der Wahlentscheidung schon daran, wie mühelos es der Partei gelang, die gleichzeitig parteitagende AfD aus den Timelines der sozialen Medien zu verdrängen. Das zeigt: Die SPD kann die Menschen sehr wohl noch bewegen, sie kann sie wütend machen, zur Verzweiflung bringen und manchmal Hoffnung säen. Noch immer ist dieser Tanker die einzige reale Hoffnung auf eine Politik der frischen Luft.“

Ebenso interessant und amüsant ist der Kommentar von Jeremy Cliff im New Statesman America. Er vergleicht mal die ach so linken Esken und Nowabo mit einigen „ultralinken Europäern“ vom Schlage eines Boris Johnson und Emmanuel Macron. Ich habe das mal mit deepl.com aus dem Englischen übersetzt:

„Ein Land mit negativen Zinsen, in dem eine gemäßigte Partei (CDU) über ihren ‚Fetisch‘ für einen ausgeglichenen Haushalt mit Postern scherzt, die einen Lederpolizistenhut auf einer schwarzen Null zeigen, ist kein Land, das eine vernünftige wirtschaftliche Debatte führt. Wie der Ökonom Christian Odendahl es ausdrückt, sind Esken und NoWaBo im internationalen Vergleich etwa so hart wie der IWF, indem sie wollen, dass mehr von Deutschlands riesigem Überschuss für weitsichtige Prioritäten wie Schulen, Digitales und Verbesserungen bei der Bahn ausgegeben wird. Ihre vorgeschlagene Erhöhung des Mindestlohns auf 12 € pro Stunde, die unter dem Niveau liegt, das derzeit in Großbritannien vom renommierten Hardliner-Sozialisten Boris Johnson vorgeschlagen wird, würde der sich abschwächenden Wirtschaft der Eurozone eine dringend benötigte Nachfrage zuführen. Ihr Beharren darauf, dass die Große Koalition ihr abscheulich anspruchsloses Klimapaket verbessert, bringt sie in die Nähe so extremer Linker wie des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und des niederländischen Premierministers Mark Rutte.“

Besonders kritisch mit der eigenen schreibenden Zunft geht Stefan Kuzmany in seinem Kommentar auf Spiegel Online um. Zur allgemeinen Untergangsmetaphorik der Medien schreibt er:

Verzeihung, Sie müssen verstehen: Das sind die Reflexe des politischen Journalismus, ich kann nichts dafür, die Soße fließt einem praktisch automatisch in die Tastatur, denn dieses Thema haben wir alle drauf: Das Ende der SPD, so oder so.

Naja, das ist ist ja noch einigermaßen lustig geschrieben. Florian Harms wird da auf t-online.de schon deutlicher:

„Diese ewige Arroganz“

… das reicht schon als Überschrift. Dann kommt recht schnell:

„Die Arroganz, mit der Vertreter anderer Parteien, aber auch die Mehrheit der journalistischen Kommentatoren dem neuen SPD-Führungsduo jede Kompetenz abspricht, ist beispiellos.“

Insgesamt können wir feststellen: Das Ende kommt nicht. Jetzt kommt erst Mal Leben in die Bude und das ist auch gut so.