Oswald Prucker mit Mikrofon bei einem Fishbowl von D64. Im Hintergrund sieht man ein D64-Rollup.

X und Co. Wir sollten Alternativen fördern.

Musk macht Wahlkampf für die AxD. Der immer unverschämtere Missbrauch ihrer Marktmacht durch die Techmillardäre ist natürlich eine große Gefahr. Am besten fasst wohl Jens Clasen auf Mastodon die Situation zusammen. Er schreibt dort:

„Früher habe ich immer gedacht, das Unrealistischste in Bond-Filmen seien die durchgeknallten Super-Milliardäre, die die Weltherrschaft anstreben. Heute weiß ich: Das Unrealistischste in Bond-Filmen sind wohl eher effizient arbeitende staatliche Institutionen und mutige, mit den nötigen Mitteln ausgestattete Einzelakteure, welche durchgeknallte Super-Milliardäre davon abhalten, die Weltherrschaft anzustreben.“

Das mit der Weltherrschaft läuft nun aber eher über die sozialen Medien und nicht mit irgendwelchen Superkanonen. Wir müssen uns also mit der digitalen Transformation auseinander setzen. Das tue ich ein kleines Stück weit über meine SPD und viel mehr noch über meine eigentliche digitalpolitische Heimat D64 – Zentrum für Digitalen Fortschritt.

Mit dieser Kombi bin ich eigentlich in einer sehr komfortablen Situation, denn beide Vorsitzende – Saskia Esken und Lars Klingbeil – sind ausgewiesene Digitalpolitiker:innen und auch D64-Mitglieder. Ich habe beide bei D64-Veranstaltungen schon sehr schlaue digitalpolitische Dinge sagen hören. (Kleiner Disclaimer: Auch von anderen. Digitalpolitik ist sehr oft gar nicht so parteipolitisch geprägt.)

In einer Reaktion auf den Angriff auf unsere Demokratie durch Musk (und die Welt) hat nun Lars in einem Interview reagiert. Der Spiegel zitiert ihn da mit den Worten: „Wir müssen noch viel offensiver werden und die Macht der großen Internetplattformen wie Musks Kurznachrichtendienst X wirksam begrenzen. Hier versucht ein Techmilliardär seinen Einfluss zu nutzen, um den Gang der Weltpolitik zu beeinflussen.“

Na klar. Werdet offensiver, begrenzt Macht. Ich wage aber die Vorhersage, dass das auch mit einem weiteren Bußgeld von ein paar popeligen hundert Millionen Euro nicht gehen wird. Musk zockt pro Jahr mehrere Milliarden ab. Es wird ihn ärgern, mehr nicht. Dass was zu tun ist, da gehe ich mit. Was das aber ist, das ist nicht meine Expertise. Aktuell klingen solche Aussagen aber leider doch eher nur wohlfeil. Sorry, Lars.

Eine zweite mir sehr wichtige Stoßrichtung hat Saskia bereits vor zwei Jahren ins Spiel gebracht. Unterstützt Alternativen!Saskia eröffnete den SPD-ThinkTank digital:hub mit einer digitalpolitischen Grundsatzrede und sagt dort unter anderem:

„Denn die Entwicklung von Twitter & Co. oder die Marktmacht von Google und Amazon zeigen, wie bitter nötig hier eine grundlegende Veränderung ist! Mein Vorschlag ist deshalb eine offene, dezentrale und öffentlich-rechtlich organisierte digitale Infrastruktur für Mensch und Gesellschaft. Dahinter steht natürlich eine viel grundsätzliche Frage: Wie organisieren wir den digitalen Raum, wenn digitale Infrastrukturen zunehmend eine Voraussetzung für eine Teilhabe am Digitalen Leben sind?“

Lasst uns das doch einfach tun. Eine nicht-kommerzielle Alternative zu X & Co. ist das Fedivers und dabei allen voran Mastodon. Ein dezentrales soziales Netzwerk ähnlich X/Twitter aber ohne Werbung, ohne Algorithmus, und aufgrund seiner dezentralen und quelloffenen Struktur niemals in Gefahr, irgendeinem abgedrehten und supergierigen Milliardär zu gehören.

Mastodon ist nicht ansatzweise perfekt und manche Kritik ist wirklich sehr berechtigt. Saskia war recht früh auf Mastodon aktiv, hat sich aber mittlerweile wieder zurückgezogen. Als ich sie bei der D64-Superklausur darauf ansprach, war ihre Kritik, dass die Mastodon-Server nach dem ersten Exodus von X auch gleich in die Knie gegangen sind. Andere, darunter mein guter Freund Jens Noritzsch, kritisierten die fehlende Willkommenskultur bei Mastodon und haben damit auch recht. Wieder andere fanden sich einfach nicht zurecht und in der Tat ist bei Mastodon so manches mindestens mal gewöhnungsbedürftig.

Das kann man alles kritisieren, muss aber halt auch bedenken, dass Mastodon zwar mit sehr viel Liebe auch mit sehr wenig Geld von einer Person bzw. einem sehr kleinen Team entwickelt wurde und wird. Genau an dieser Stelle kann die Politik helfen und dazu habe ich zwei konkrete Vorschläge:

1. Fördert die Entwicklung von Mastodon und schafft damit einen unabhängigen digitalen Raum, so wie es Saskia ja quasi schon vorgeschlagen hat. Siehe oben. Die Tools sind nach meiner Meinung vorhanden und kommen ja zum Teil schon mit einer ähnlichen Zielrichtung zum Einsatz. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz hat den Sovereign Tech Fund (STF) ins Leben gerufen und fördert damit seit rund anderthalb Jahren OpenSource Software. Aktuell gab es einen Förderbescheid für die OpenStreetMap. Das Förderprogramm ist dankenswerterweise so angelegt, dass keine Glitzersteinchen gefördert werden, sondern wirklich die zugrundeliegende Infrastruktur gefestigt wird. Wenn das Fundament stimmt, dann kann man auch was schickes draufstellen. Aber auch Fundamente kosten viel Geld und beim STF gibt es bei der finanziellen Ausstattung noch viel Luft nach oben.

2. Schafft die steuerlichen Voraussetzungen um Softwareentwicklung gemeinnützig zu machen. Es ist ja schon mindestens mal skurril, dass der Mastodon gGmbH als Entwicklerfirma von den deutschen Finanzbehörden die Gemeinnützigkeit entzogen wurde und sie jetzt ausgerechnet als amerikanische Stiftung weitermachen muss. Mastodon und das Fedivers wird – wie zum Beispiel die Wikipedia auch – sehr stark von der Gesellschaft getragen. Da stehen eben keine finanziellen Interessen dahinter und das erfüllt per se alle Voraussetzungen für eine Gemeinnützigkeit.

Das sind zwei sehr konkrete und nicht allzu schwer umzusetzende Vorschläge. Sie werden alleine natürlich nicht die Macht von Musk und Co. brechen. Aber es sind Bausteine und wenn irgendwas gegen die Tech-Faschisten ankommt, dann ist es die Beharrlichkeit der Demokraten. Das gilt auch und besonders im Digitalen und das sollten wir unterstützen.