Nach den Sondierungen – das sind so die Meinungen

Nach den Sondierungen wird es ernst, es sollen Koalitionsgespräche begonnen werden. Dagegen gibt es viel Widerstand, man findet aber auch viele Anhänger einer neuen Koalition mit der Union. Ich habe mich nun in meinem Umfeld umgehört, Aussagen zusammengetragen und ich meine, man kann vier Lager identifizieren, wobei manche Grenzen bestimmt fließend sind:

1. NoGroko allgemein

In diese Kategorie NoGroko allgemein fällt die absolute und übermächtige Mehrheit meiner Kontakte in den Sozialen Medien. Darunter schon viele junge Leute, aber nicht nur. Auch fast alle „Alten“ (ihr entschuldigt) stimmen so. Viele wollen einfach raus aus einer Koalition, die die gute alte Tante SPD nach ihrer Meinung noch weiter in den Abgrund reißen wird und für sie keine Perspektiven bietet. Das sind die meisten. Andere machen ihre Ablehnung an dem ein oder anderen Punkt der Sondierungsergebnisse fest, oft sind das aber eher nur Bekräftigungen der grundsätzlichen Ablehnung und deshalb für mich keine extra Gruppe.
Diese Gruppe möchte eine schwarze oder schwarz-grüne Minderheitsregierung sehen, die sie da und dort unterstützen will.

2. NoGroko aus staatsbürgerlichen Gründen

Viele lehnen eine weitere Groko auch deshalb ab, weil sie das Negativ-Modell Österreich vor Augen haben. Die Dauer-Groko bei unseren Nachbarn hat zu jener Politikverdrossenheit geführt, die die Rechtsnationalen erst nach oben und nun an die Regierung gebracht haben. Diese Gefahr wird nach den vielen schwarz-roten Regierungen der letzten Jahre auch für Deutschland gesehen.

3. Koalitionsverhandlungen aus Staatsräson

Das Land muss ja nun einmal regiert werden und da ist es unsere staatsbürgerliche Pflicht, das zu übernehmen, wenn es denn nun mal anders nicht geht. Diese Meinung schließt in der Regel mit ein, dass man eine Minderheitsregierung nicht als eine praktikable Lösung ansieht und Neuwahlen schon gar nicht möchte. Nicht mal so sehr wegen eines möglicherweise noch schlechteren Ergebnisses, sondern mehr weil das vorliegende Ergebnis ja Optionen bietet.

4. Koalitionsverhandlungen um sozialdemokratische Inhalte durchzusetzen

Wie sollen denn irgendwelche sozialdemokratischen Inhalte überhaupt umgesetzt werden, wenn wir nicht in der Regierung stehen, wenn wir keine Minister stellen? So fragen die Anhänger dieser Gruppe. Sie sind davon überzeugt, dass eine Regierungsbeteiligung einer Parteierneuerung nicht im Wege stehen muss. Die Mitglieder dieser Gruppe halten ebenfalls nichts von Minderheitsregierungen. Stattdessen können sie den Sondierungsergebnissen viele Punkte abgewinnen, die sie als wichtigen Fortschritt sehen. Oft wird auch darauf hingewiesen, dass ein Sondierungspapier ja auch noch kein Koalitionsvertrag ist und deshalb an manchen Punkten unscharf bleiben muss.

Das sind kurz beschrieben meine vier Gruppen. Ich kann – wie so oft – die Argumente aller dieser Leute verstehen, auch wenn ich mir viele nicht zu eigen mache. Was ich nicht verstehen kann, das ist die Vehemenz, mit der so manch Genosse abweichenden Meinungen gegenübersteht. Es vergiftet die Diskussion, wenn man dem anderen Dummheit und schlimmeres unterstellt und ihn oder sie beschimpft. Das ist eines Sozialdemokraten unwürdig. Ebenso unwürdig ist es, den Untergang der Sozialdemokratie herbei zu beschwören, wenn jetzt nicht aber sofort das oder jenes gemacht wird. Unwürdig deshalb, weil die alte Tante schon ganz anderes überstanden hat.

Habe ich was übersehen? Seht ihr das anders? Ich würde mich über sachliche Kommentare freuen.

Hinweis vom 15.1.2018: Kategorie 2 wurde nach einem Hinweis von Daniel Becker auf Facebook ergänzt. Das habe ich tatsächlich übersehen. Danke.