Bei digitalcourage erschien vor einigen Tagen der Artikel „Die Reichweitenlüge“ von Leena Simon. Sie legt dar, dass man auf „Instagram, TikTok und Co.“ viel weniger Leute erreicht, als man so denkt. Kurzzusammenfassung im Teaser: „Millionen Follower, null Wirkung: „Social Media“ verkauft uns ein volles Stadion – und schaltet dann das Mikro stumm.“
Stimmt schon alles, was sie über die Algorithmen schreibt, aber trotzdem muss ich hier ein kleines „Ja, aber“ nachreichen, denn es kommt schon noch darauf an, wen man erreichen will.
Ich war lange Zeit privat sehr intensiv auf Facebook, Twitter und Instagram unterwegs. Twitter habe ich verlassen, als Musk es übernahm und Facebook und Instagram als diese ganzen TechBros bei Trumps Vereidigung brav aufgereiht dastanden. Wie so kleine Schulbuben, die sich schon auf die Apfelschorle freuen, die es danach gibt wenn sie denn schön artig waren. Das ist die freundliche Umschreibung, bei der anderen Variante wäre ein Mastdarm zu erwähnen.
Jetzt bin ich nur noch auf diesem Blog und auf Mastodon aktiv. Für mich privat ist das hervorragend. Was immer ich an Reichweite bekomme, das reicht mir auch. Ehrlich gesagt, habe ich sowieso keine Ahnung, wie viele hier oder auf Mastodon mitlesen. Natürlich freue ich mich, wenn Leute Beiträge mit einem Sternchen gutheißen (neudeutsch: like), sie vielleicht sogar teilen (neudeutsch: boost) oder kommentieren. So ganz nur in den luftleeren Raum rufen macht ja auch keinen Spaß.
Anders sieht das mit meinem kommunalpolitischen Engagement aus. Ich bin Gemeinderat in Merdingen, einer 2.600-Seelen-Gemeinde im Freiburger Speckgürtel. Die Menschen dort erreiche ich zugegebenermaßen größtenteils in Person auf diversen Festen im Ort. Zuletzt beim großartigen Gassenweinfest am letzten Wochenende.
Nun ist ja aber nicht dauernd Fest und bei Festen mag man ja auch nicht immer über die Dorfpolitik reden. Deshalb war mir die Arbeit auf Facebook und Instagram immer wichtig. Kurze Videos zur letzten Gemeinderatssitzung, ein Verweis auf den letzten Beitrag auf der Webseite und natürlich die klassische Kachel zum Teilen (neudeutsch: Sharepic). Damit habe ich Menschen erreicht. Keine Millionen, aber halt genau solche aus der einheimischen Zielgruppe. Das weiß ich nicht aus irgendwelchen Angaben/Statistiken in den Diensten, sondern dadurch, dass ich darauf angesprochen wurde. All das ist nun mit meinen privaten Accounts untergegangen und das tut schon ein bisschen weh.
Selbstverständlich betreibe ich für meine SPD Kaiserstuhl-Tuniberg auch einen Mastodon-Account und spiegle die Tröts dort auch auf die Webseite. Reaktionen darauf gibt es allerdings keine. Das kann man dann gerne „ehrliche Reichweite“ nennen, aber hilfreich ist es nicht.
Ich habe in ganz Merdingen noch niemand gefunden, die/der überhaupt weiß, was Mastodon oder das Fedivers ist. Merdinger, die doch hier mitlesen, dürfen mich gerne eines besseren belehren. Gerne als Kommentar oder dann halt beim nächsten Hock (südbadisch für Fest).
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