Einhundert Sozialdemokraten veröffentlichen ein Manifest und nennen es „Friedenssicherung in Europa durch Verteidigungsfähigkeit, Rüstungskontrolle und Verständigung“. Das Dokument setzt sich kritisch mit den Aufrüstungsplänen der Bundesregierung und damit auch der SPD mit ihrem Verteidigungsminister Boris Pistorius auseinander und will mehr Verhandlungen mit Russland.
Das ZDF hat dazu den Friedens- und Konfliktforscher Thorsten Bonacker befragt und dessen Meinung ist klar: Es ist ein Papier, das im „im Geiste des Kalten Krieges geschrieben“ wurde und dem möchte ich nichts hinzufügen, denn so sehe ich es auch.
Was mich tatsächlich mächtig nervt, das ist der mediale Aufschrei dahinter. „Breitseite gegen Klingbeil“, „Vorstoß zur Unzeit“, was durfte man nicht alles lesen. Auf Mastodon schrieb sogar einer: „Russland darf nicht daran gehindert werden, Wohnviertel zu bombardieren. SPD.“
Ich schreibe diesen Blogbeitrag gerade mal zwei Tage nach Veröffentlichung des Manifests. Na, wer kann sich noch dran erinnern? Längst hat sich die Empörungsuhr weitergedreht. Tatsächlich auch wichtigere Themen haben sich wieder in den Vordergrund gedrängt.
Hier ein paar unsortierte Gedanken von mir dazu:
1. Die SPD ist eine Friedenspartei und hat damit viel erreicht. So sehr ich Bonacker (siehe oben) zustimme, so sehr verstehe ich, dass sich viele mit der aktuellen Hochrüstung schwer tun und das akzeptiere ich auch.
2. Die SPD ist eine Debattenpartei und darauf sind wir auch stolz und das will ich persönlich auch so. Die besten zwei SPD-Veranstaltungen, denen ich je beiwohnen durfte, waren ein Debattencamp der Bundes-SPD in Berlin vor einigen Jahren und unser eigenes Debattencamp im Landkreis. Man lernt was, wenn man andere Meinungen hört und selbst dann, wenn sie einem fundamental widersprechen. Und wo bitte sollen schwierige Debatten geführt werden, wenn nicht in Parteien?
3. Das Manifest kommt zur Unzeit kurz vor dem Parteitag. Parteitage sind auch für Debatten da. Deshalb nein. Es kommt nicht zur Unzeit.
Nochmal: Ich kann dem Manifest wenig bis nichts abgewinnen, aber ich verstehe den Bohei nicht. Es ist ein Diskussionbeitrag zu einem aktuell eminent wichtigen Thema und als solcher also berechtigt.
Danke Ossi für Deine Differenzierungen.
Ich habe das Manifest unterzeichnet, habe innerparteilich und im Freundeskreis zur Mitzeichnung aufgerufen und erlebe vor allem von GenossInnen diffamierende bis beleidigende Entgegnungen – aber kaum detaillierte Auseinandersetzung mit dem Anliegen.
Auf Nachfrage nach meinen Motiven zur Mitzeichnung des Manifestes habe ich folgendes (in Kurzform) erklärt:
„Nun, ich glaube, wir benötigen nicht nur eine neue MilitärPolitik, sondern auf der Basis umfassender, weltweiter diplomatischer Bemühungen eine neue Sicherheitspolitik – jenseits einer nur militärischen Wehrhaftigkeit. Wir müssen Sicherheit neu denken! Und dazu fordert die Petition in ihrem Kern auf.“
Schöne Grüße,
Helmut Schöpflin
P.S. Basis zu der dem Manifest mit zugrundeliegenden sicherheitspolitisch neuen Ansätzen siehe auch https://www.sicherheitneudenken.de/
Danke für diese differenzierte Betrachtung. Als #Comebackgenosse habe ich gerade das Gefühl, dass ich in eine im Meinungsbild sehr fragmentierte Partei zurückgekehrt bin. Das Manifest empfinde ich persönlich nicht als realitätsnah, da Putin nicht an diesen vorgeschlagenen Verhandlungen interessiert ist. Zumindest nicht dann, wenn sie nicht zu seinen Bedingungen verlaufen.
Grundsätzlich sollten wir aber wie du schreibst diese Diskussion sachlich und mit allen Argumenten führen. Nur so werden wir am Ende alle klüger.
„…im Meinungsbild fragmentierte Partei“. Ehrlich? Das ist doch schon immer so, oder? Wir sind halt eine Debattenpartei. Frage zwei Genoss:innen und bekommst drei Meinungen.
Stehe ohne wenn und aber hinter dem Manifest. Finde es für absolut richtig.
Höre gerne aber auch Die , die dagegen sind .
Liebe Grüße
Andreas Schulz -Holland
Ein peinlich naives Papier von Realitätsverweigerern.