Ich durfte in diesem Jahr die Rede des Kreisvorsitzenden der SPD Breisgau-Hochschwarzwald beim Frühjahrsempfang halten und die will ich hier auch veröffentlichen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
herzlich willkommen zu unserem Frühjahrsempfang. Dieses Jahr an neuem Ort und im Vergleich zu den letzten Jahren nun wieder auf der anderen Seite von Freiburg.
Ich freue mich sehr, euch alle hier zu sehen. Danke, liebe Rita, dass du gekommen bist, obwohl das mit der Einladung irgendwie nicht so geklappt hat, und natürlich auch herzlichen Dank lieber Daniel. Du hast einen langen Weg auf dich genommen und ich freue mich dann auf deinen Beitrag zur Arbeit der Jusos hier in Baden-Württemberg.
Liebe Genossinnen und Genossen, ich hoffe, ich enttäusche euch nicht zu sehr, wenn ich mich heute eben nicht ausführlich und umfassend zum Koalitionsvertrag äußere und schon zehn Mal nicht zur Besetzung der Minister:innen-Posten. Dazu vielleicht nur so viel: Ich stehe auch dieses Mal nicht zur Verfügung. Ich kann auch nix zur personellen Erneuerung der Partei beitragen.
Mein Thema ist ein anderes und zwar eines, bei dem wir uns nicht hinter einer Partei oder hinter Parteispitzen verstecken können. Mir geht es sehr konkret um unsere Demokratie, um unsere freiheitlich demokratische Grundordnung, die eigentlich ja mal auch eine demokratische Grundüberzeugung in der Bevölkerung war und auch wieder werden muss.
Man darf trefflich über die Gründe für diese Entwicklung streiten. Ich sehe auch gerne ein, dass es einen Vertrauensverlust in die Politik gibt und dass der schon auch was mit den handelnden Personen zu tun hat. Bestimmt. Es hat aber auch viel mit Desinformation, Populismus und schlicht Lügen zu tun. Dagegen kommt man schwer an! Mit Faktenchecks meistens nicht.
Wenn eine aktuelle Kreisrätin vermutlich der festen Überzeugung ist, dass es Viren gar nicht gibt und das Corona-Virus schon zehnmal nicht, dann macht es auch gar keinen Sinn dagegen zu argumentieren. Bei diesen Leuten ist jedes Wort schlicht Zeitverschwendung. Irgendjemand hat mal gesagt: „So etwas ignoriere ich noch nicht einmal“.
Aber es sind nicht alle so verbohrt und nicht mehr erreichbar. Und es sind noch mehr, die eben auch noch weit davon entfernt sind. Und da kommt unsere Aufgabe ins Spiel: Wir müssen dem eine positive Botschaft entgegen setzen. Gerade in diesen krisenhaften Zeiten. Eine positive Botschaft und eine Zukunftsbotschaft.
Ja, ich weiß, das liegt uns nicht so. Wir Sozis sind schon wirklich sehr gut im Jammern, vor allem im Jammern über uns selbst. Bei dem was wir tun ist das Glas immer halb leer.
Aber trotzdem sagen wir doch von uns, wir sind das progressive, das fortschrittliche Lager. Fortschrittspartei gefällt mir persönlich viel besser als Arbeiterpartei oder Volkspartei und das vor allem dann wenn man den Fortschritt nicht nur als wirtschaftlichen Fortschritt sieht sondern eben auch und ganz besonders auf das gesellschaftliche Vorankommen bezieht.
Lasst uns also solche Geschichten erzählen und einen Gegenpol gegen die faschistischen Dystopien und Untergangserzählungen aufrichten.
Lasst uns erzählen, dass die Energiewende gut vorankommt. Dass wir mittlerweile über 5 Millionen Solaranlagen auf den Dächern haben. Dass der Anteil der erneuerbaren Energien mittlerweile sehr regelmäßig über 50% liegt. Die letzten Tage waren es 55%. Dass Solar mittlerweile Kohle überflügelt. Dass der Kohleanteil am Strom seit langem sinkt und zwar obwohl mittlerweile alle AKWs abgeschaltet sind. Und dass die Netze trotz des wirklich noch nicht guten Ausbaus und des hohen Anteils an erneuerbaren Energie das gut halten. Ich könnte jetzt noch vom Wind erzählen und den großen Stromspeichern. Damit würde ich zwar vermutlich Rita eine Freude machen. Aber vermutlich kann sie das auch besser. Also gleich dort fragen.
Lasst uns erzählen, dass sich Mobilität wandelt. Dass in Freiburg mittlerweile die meisten Wege mit dem Rad zurückgelegt werden. Ich kenne die Zahlen vom Landkreis noch nicht, aber auch da ist die Radinfrastruktur mittlerweile gar nicht mehr so schlecht. Ich weiß das. Ich fahr da rum. Dass das Deutschlandticket entgegen allen Unkenrufe eine Erfolgsgeschichte ist. Sonst hätten es nicht so viele. 13,5 Millionen Menschen nutzen es. Anderthalb mal so viele, wie noch vor zwei Jahren. Und lasst euch nicht auf die Henne-Ei-Diskussion ein: Ein günstiges Angebot folgt nicht einem weiteren, besseren Ausbau. Beides muss gleichzeitig stattfinden und mittlerweile investiert der Bund auch mehr in den Schienenausbau als in neue Straßen.
Drittens. Lasst uns erzählen, dass der Niedriglohnsektor kleiner wird. Von fast einem Viertel ist er in den letzten Jahren auf rund ein Sechstel oder 16% abgesunken. Im Osten viel deutlicher, als im Westen. Ein Folge des Mindestlohns, das sagen alle Studien dazu. Der Mindestlohn ist eine klare Erfolgsgeschichte. Aber er liegt aktuell eben auch noch unter der Niedriglohn-Grenze von 13,80€. Es ist also gut und wichtig, dass wir da weiterarbeiten und – so viel Koalitionsvertrag darf sein – es ist sehr gut, dass die 15 Euro wohl kommen werden und da müssen wir hart dran bleiben. Denn machen wir uns nichts vor: Die Union wird dagegen arbeiten. Koalitionsvertrag hin oder her.
Das waren drei Beispiele und die will ich gar nicht alle an uns als SPD festmachen. Viel in Sachen Energiewende dürfen sich bestimmt die Grünen auf die Fahne schreiben. Das Deutschlandticket kommt von Wissing, damals noch FDP. Der Mindestlohn geht klar mit uns heim.
Was ich damit deutlich machen will: Die oben genannten Beispiele und es sind nur Beispiele gehen auf konkrete Politik zurück. Auf gute Politik. Auf gute Politik, die Veränderung bewirkt und zwar auch deshalb, weil demokratische Kräfte zusammengearbeitet haben. Bei allem wirklich unschönen Streit, die Ampel hat eben auch unter schwierigsten Umständen richtig viel zustande gebracht.
Ich finde schon, dass wir diese Geschichten erzählen müssen. Am Arbeitsplatz, in der Wirtschaft, am Gartenzaun. Mir geht es dabei nicht um Wahlkampf oder Schönfärberei. Baustellen gibt es weiß Gott noch genug: Wohnen, Rente, Pflege, Demographie und so weiter.
Aber diese Geschichten verdeutlichen einen Gegenentwurf zur faschistischen Dystopie, einen optimistischen und auch zupackenden Zukunftsentwurf. Den haben wir bitter nötig und den hat unsere Demokratie bitter nötig. Dieser Gegenentwurf muss von uns kommen. Von wem denn sonst.
Einen Bericht vom Frühjahrsempfang gibt es auf der Seite der SPD Breisgau-Hochschwarzwald.
Bild: Birte Könnecke