Am vergangenen Freitag gab es beeindruckende Demonstrationen für mehr Klimaschutz. Es ist in der Tat unfassbar, was aus dem einfachen Schulstreik eines 15jährigen Mädchens geworden ist. Und es ist gut und es ist nötig.
Gleichzeitig wurde auch der Klimakompromiss der Regierung bekannt und postwendend und gleichzeitig von allen Experten als viel zu wenig in der Luft zerrissen und von vielen anderen als weitere Abzocke des Bürgers (TM) oder doch mindestens des Autofahrers gebrandmarkt.
Letztere – oder zumindest einer davon – bekommen dann aber von den Klimaaktivisten ihr Fett weg, denn irgendwo wurde ein im Stau steckender SUV-Fahrer ausgiebig verhöhnt. Der Hohn wird dann auch postwendend zurückgegeben, wenn die Schulstreiks als reines Schwänzen abgetan werden und selbstverständlich nur die Schüler überhaupt protestieren dürfen, die selbst immer und überall Heiligen gleich auf alles und jedes verzichten und quasi gar keinen CO2-Fußabdruck hinterlassen.
Ohnehin sind immer die anderen entweder schuld oder in der Pflicht. Jeder will erneuerbare Energie, aber keiner will Windräder oder Überlandleitungen vorm Haus. Der Autofahrer zeigt auf den Vielflieger, der Städter will Elektromobilität, die aber dann natürlich auf dem Land zu produzieren sei. Am besten aus Wind (siehe oben) aber wenn es dann Braunkohle ist, soll‘s auch recht sein. Der Dieselguru vom Land haut derweil dem Städter die Batterien um die Ohren, weil für Lithium und Co. die Kinder in Afrika sterben müssen. Was die Rohölindustrie so treibt ist dabei eher nachrangig. Und natürlich ist die Autoindustrie böse, weil sie betrügt und dann noch bevorzugt diese ekelhaften Riesenkarren vertickt. Naja, die werden halt bevorzugt nachgefragt. Von uns und auch von uns Klimaaktivisten. Weil … hier beliebige Ausrede einsetzen.
Zurück beim vermutlich tatsächlich wenig wirksamen Klimakompromiss steht dann eine Partei als Retter parat, die bei den eigenen (unverschuldet) gescheiterten Koalitionsverhandlung quasi jede Position dazu direkt aufgegeben haben und zum Beispiel in Baden Württemberg gar nicht vom Fleck kommen. Woran dann natürlich wieder der Bund schuld ist. Klar.
Was man daraus erkennen kann: Die Debatte tobt, so wie es bei einem derartig weitreichenden gesellschaftlichen Thema auch notwendig ist. Wir verhandeln komplett neu aus, wie wir in Zukunft leben wollen. Ob wir zum Beispiel lieb gewonnene Freiheiten für ein doch eher abstrakt anmutendes Ziel aufgeben wollen. Oder eben nicht. Das ist gut. Das heißt, das wäre gut, wenn wir uns sicher sein könnten, dass wir die Zeit dazu haben. Die Wissenschaft sagt, die haben wir nicht.
In diesem Spannungsfeld ist die Politik fast schon zum Scheitern verurteilt, denn der Konflikt ist nur über lange Linien lösbar. Vielleicht ist es deshalb umso wichtiger, dass wir einfach mal aufhören, dauernd auf andere zu zeigen und tatsächlich vor der eigenen Haustüre kehren. Ob‘s reicht? Wir werden sehen. Klar, was kann man schon mit kleinen Aktionen erreichen? Man stelle sich vor, ein kleines Mädchen mit Zöpfen würde sich mit einem Schild vors Parlament setzen. Das beachtet doch niemand …