Wahlklatsche

Hat ein paar Tage gedauert, bis ich mich berappelt habe, aber „Lebbe geht weiter“ (Dragoslav Stepanovic) – trotz dieser mächtigen Klatsche. Wenn ich nun zurückblicke, dann haben Wahlkampf und Wahl aber mehr Aspekte als die sehr mageren 12,2%, die ich mit meiner Erstkandidatin Birte Könnecke im Wahlkreis einfahren konnte.

Der wichtigste Aspekt: Der Wahlkampf war eine sehr lange und sehr intensive Zeit. Wir haben mit einem sehr kleinen Team schon im Juli 2015 angefangen uns mehr als 20 Mal getroffen und wahnsinnig viel organisiert, entworfen, geplant und vieles mehr. Das brachte uns im Team einander näher und so entstanden wertvolle Freundschaften, die ich nicht mehr missen möchte.

Wenn wir unser Ziel also auch verfehlt haben, das bleibt.

Die politische Seite zu bewerten ist ungleich schwerer. Aber man kann ja mal mit Zahlen anfangen. Was soll ein Naturwissenschaftler auch sonst tun?

Wir haben landesweit rund 160.000 Wähler an die Grünen verloren, rund 90.000 an die AfD und 60.000 an die Nichtwähler.

An die Grünen haben wir verloren, weil die Menschen Kretschmann als Ministerpräsidenten wollten. Dem hatten wir nichts entgegenzusetzen und die CDU auch nicht. Das hätten wir vielleicht etwas abmildern können, hätten wir uns glasklar zur grün-roten Koalition als einzig angestrebten Bündnis bekannt und jede Koalition mit Schwarz ausgeschlossen. Denn Wolf wollte nun mal niemand und das war in der Meinung der Menschen nur dann sicher zu verhindern, wenn man Kretschmann direkt wählt. Meint Kampagnen-Superstar Frank Stauss, der aber auch bescheinigt, dass die SPD BW in der Zwickmühle war. „Ein Loch ist im Eimer“ und da tropfte Stimme um Stimme zu den Grünen. Kann man so sehen.

Der Verlust an die AfD ist schmerzlich aber war weitgehend zumindest für uns nicht vermeidbar. Mich trifft fortwährend der Vorwurf, wir hätten die AfD erst groß gemacht, entweder weil wir ihr zu viel Raum gegeben haben, statt unsere Themen zu präsentieren, oder weil wir jeden Kritiker der allgemeinen Flüchtlingspolitik direkt in die Naziecke gestellt haben. Nichts dergleichen haben wir nach meiner Auffassung getan. Vielmehr habe ich durchaus mit AfD-Wählern im Straßenwahlkampf gesprochen und da war jeweils sofort klar, dass man mit Argumenten gar nicht kommen braucht. Die waren auf Krawall gebürstet und da waren ganz andere Kräfte am wirken, wie so manche im Facebook-Selbstversuch feststellen mussten. Ein Beispiel ist da diese Bloggerin, einen noch ausführlicheren Bericht gibt es hier. Diese Kräfte werden sich nicht einfach wieder einfangen lassen. Insgesamt also Dinge, die wir nicht so einfach beeinflussen konnten. Diese komische Podiumsverweigerung aus Stuttgart und dann die Kehrtwende dazu waren aber sicher nicht hilfreich.

Der Verlust an die Nichtwähler schmerzt sehr. Er ist für mich ein Zeichen, dass wir mit unseren Themen einfach nicht durchgekommen sind. Eigentlich ja niemand. Es ging nur um den Spitzenkandidaten und um Protestwahl wegen Flüchtlingen. Landespolitisches kam quasi gar nicht vor. Damit muss ich mich noch etwas beschäftigen, denn mir geht es eben schon um Inhalte. Ich ertappe mich aber immer mehr dabei, dass ich in Wahlkampfzeiten gerne in reine PR abrutsche. Das ist zynisch und schwierig.

Immerhin: Merdingen ist für unsere nun sehr bescheidenen Verhältnisse eine rote Hochburg: 14,93%! Mehr gab es nur im traditionell roten Malsburg-Marzell. Für Trost reicht es nicht, aber eine Randnotiz ist es wert.

Wie geht es weiter? Mit der Arbeit im Kreisverband.

Die hat ja im letzten halben Jahr schon etwas gelitten und das müssen wir aufarbeiten. Dazu gehört auch die Aufarbeitung der Wahlergebnisse aber eben auch ein Blick nach vorne. Da ist das wichtigste: Wir brauchen neue Mitglieder. Passive wie aktive. Das wird nicht leicht. Vor allem wird es nicht leicht, junge Leute zu gewinnen. Aber versuchen müssen wir das.

Außerdem müssen wir wieder besser inhaltlich arbeiten. Besser. Nicht mehr. Besser heißt: So, dass es wieder Leute interessiert. Normale Leute und keine Akademiker. Wir müssen nicht angestrengt herleiten, warum es mehr sozialen Wohnungsbau braucht. Wir müssen nur sagen, dass wir das wollen und ein paar Punkte zu dem wie. Da sind wir vielleicht zu verkopft geworden.

Es wird jedenfalls spannend. Wer dabei sein will, ist herzlich eingeladen.