Collage aus einem Tröt von Saskia Esken und dem pdf zum digitalpolitischen Update

Sozialdemokratische Digitalpolitik

Die SPD hat sich schon vor acht Jahren ein digitales Grundsatzprogramm gegeben und dazu gibt es jetzt ein Update (pdf), das der digital:hub, ein dafür eingerichteter ThinkTank, erarbeitet hat. Eine größere Runde, in der erfreulicherweise auch meine digitalpolitische Heimat D64 gut vertreten ist. Sowohl unsere SPD-Vorsitzende Saskia Esken ist D64-Mitglied und unser ehemaliger D64-Vorsitzender Henning Tillmann ist auch beim Hub dabei.

Das von diesem Menschen erarbeitete Update trägt den Titel: „Sozialdemokratische Digitalpolitik – Ein Update für das Jahrzehnt der Transformation“.

Nun mag die Digitalisierung zwar alles ändern, alles transformieren, sie hat sich nach sozialdemokratischer Lesart aber immer noch an den Grundwerten Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität zu orientieren.

Genau das wird im vorliegenden Papier zunächst recht ausführlich definiert. Dazu gehört die Freiheit vor anlassloser Überwachung, eine gerecht am Gemeinwohl orientierte Digitalisierung, die Lebensverhältnisse verbessern will und z.B. auch die digitale Dividende nicht nur in Konzernkassen spült und eine solidarische Entwicklung mit klaren Regeln für kommerzielle Angebot aber auch Raum für nichtkommerzielle Angebote.

Diese Definitionen sind die Basis für sechs Handlungsfelder: Staat und Gesellschaft, Arbeitswelt, Bildung, Wirtschaft, Technologie und Gesundheit. Zu jedem dieser sechs Felder werden verschiedene Aspekte behandelt. Ich will mir nur ein paar Aspekte rausholen, die mir aufgefallen sind und zu denen ich was sagen oder fragen kann.

1. Unter der Überschrift „Freiheit und Sicherheit sind kein Widerspruch“ bekräftigt das Papier das Recht auf vertrauliche, d.h. auch verschlüsselte private Kommunikation. Anlasslose Datenspeicherung oder Kontrolle der Kommunikation verstoßen gegen elementare Grundrechte und „stören empfindlich das Vertrauensverhältnis der Bürger gegenüber dem Staat“. Ich unterschreibe das vollumfänglich und bitte Saskia darum, das unserer Innenministerin nochmal genau zu erklären. Nancys Innenministerium träumt auch nach zig Niederlagen vor allen Gerichten Europas immer noch den feuchten Traum der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung.

So richtig ein Verzicht auf solche grundrechtswidrigen Maßnahmen auch ist: Es fehlen mir doch ein paar klare und belastbare Vorschläge, wie diese etwas schwammig angemahnte „resiliente Cybersicherheitsarchitektur“ dann aussehen soll. Konzepte wie die Login-Falle hätte man da schon nennen können.

2. Die SPD will nichtkommerzielle, dezentral organisierte digitale Räume als Teil der Grundversorgung fördern. Klingt erstmal sperrig, aber da geht zum Beispiel um Alternativen zu Facebook, Twitter, Youtube und Co. Aber auch um Werkzeuge für den Diskurs und die Kooperation auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Das ganze kann sich öffentlich-rechtlich als Genossenschaft, gGmbH oder Verein organisieren.

Das ist ein für ich spannender Ansatz und dafür braucht man oft das Rad gar nicht neu zu erfinden. Die öffentlich-rechtlichen Sender habe ihre Mediatheken. Warum kann man da die Beiträge nicht kommentieren? Es gibt auch Open-Source-Ansätze wie Mastodon bzw. allgemein das Fediverse, die die im Papier genannten Anforderungen erfüllen. Das kann man fördern und einsetzen. Open Source wird im Papier auch genannt, aber was damit gemeint ist, wird noch nicht deutlich.

3. Sehr gut gefällt mir der Absatz zum Thema „mobiles Arbeiten“. Mit dem Recht auf mobile Arbeit geht oft die Vorstellung einher, dass man damit alle Probleme der modernen Arbeitswelt löst. Dem ist natürlich nicht so. Selbst bei Berufen, bei denen mobiles Arbeiten möglich ist, liegt nicht jedem diese Form der Arbeit und so mancher Arbeitgeber sieht darin auch nur die Effizienzerhöhung oder die Einsparmöglichkeiten für Bürofläche. Das Ziel muss aber eine höhere Souveränität der Beschäftigten sein. Ich kenne in meinem Bekanntenkreis durchaus Leute, die mit vier Homeoffice- und einem Präsenztag pro Woche tatsächlich sehr gut klarkommen und die starke Reduktion der Pendelei sehr begrüßen.

Nur drei Punkte, die ich etwas wahllos aus dem Papier herausgegriffen habe. Drei Punkte aber, die das Potential guter Digitalpolitik zeigen, aber auch klarstellen: Letztlich kommt es immer auf die richtige Umsetzung an.