Der Telegram-Kanal der Freiburger Freidreher ist immer wieder ein Quell großer Erheiterung. Aktuell im Angebot: Schweres Dokumenten-Leak beim Bundesinnenministerium! Exklusiv zugespielt! Ausmaß der Staatspropaganda mit vertikalen und horizontalen Strukturen (die diagonalen haben sie scheinbar noch nicht entdeckt)! Narrativ-Gleichschaltung! Selbst Grundschüler ins Visier genommen! Informations-Gleichschaltung durch die Bundesregierung!
Vor Schreck hätte ich mir beinahe noch eine Extraration Beta-Blocker eingeworfen.
Und wer hat’s aufgedeckt? Die „Nachdenkseiten“. Die „Nachdenkseiten“ waren schon da, als es die Querdenker noch gar nicht gab und sind damit eigentlich die Vordenkseiten. Denke ich mir, aber ich bin da vielleicht nicht so der Experte. Link zum Artikel gibt es von mir nicht. Kann jeder gerne selbst mit der Suchmaschine des Vertrauens rauskramen. Nachdenkseiten und Narrativ-Gleichschaltung sind vermutlich gute Suchbegriffe.
Also, dann wollen wir uns den Skandal mal im Detail anschauen. Es geht also offensichtlich um ein Dokument mit dem Titel: „Laufende Aktivitäten der Ressorts und Behörden gegen Desinformation im Zusammenhang mit RUS Krieg gegen UKR“. Das Dokument liegt offensichtlich als Word-Datei vor und wird auch im Artikel abgebildet und zwar als Bildschirmfoto im eigentlichen Sinn des Wortes, denn es hat tatsächlich jemand mit einem Fotoapparat den Bildschirm abfotografiert. Mit ein bisschen mehr nachdenken (was ja offensichtlich so wichtig ist) hätte man sich vielleicht an die Screenshot-Funktion des Rechners erinnert, aber da lief vielleicht gerade was quer.
Das Dokument ist genau das, was die Überschrift sagt. Ein Bericht über Aktivitäten zu einem Problem, zu dem ich mein Innenministerium auch tatsächlich aktiv sehen möchte! Das Problem heißt Desinformation und die kommt nun mal gerne aus Russland.
Es geht darum, wie man Faktencheckern zu Desinformationskampagnen mehr Aufmerksamkeit verschafft. Pressegespräche mit dem Spiegel und dem Tagesspiegel werden genannt. Wie geheim die wohl waren? Die Themen Medienbildung und politische Bildung werden genannt (Aber die Kinder!!). Auch Gespräche mit den großen Diensteanbietern Google, Meta und Telegram sind dabei. Social-Media-Arbeit natürlich und dann noch so dieses und jenes. Dazu kommen ressortübergreifende Aktivitäten wie zum Beispiel die Vernetzung mit dem Auswärtigen Amt.
Wem das jetzt alles wenig konspirativ erscheint, der mag Recht haben. Wie ich schon oben schrieb: Das sind alles Dinge, von denen ich und die meisten von uns wohl auch hoffen, dass sie ein Innenministerium tut. Nun ist Hoffen ja genau wie das Denken aber immer so eine Sache. Kann leicht schief gehen. Man kann aber schauen, wie konspirativ und geheim das alles so ist, was da beschrieben wird. Die Antwort darauf findet man schnell und zwar im geheimen Geheimdokument selbst. Schon im ersten Dokumentfoto findet man einen Link zur Webseite des Ministeriums. Unter der Überschrift „Maßnahmen der Bundesregierung gegen Desinformation“ werden als Maßnahmen so ziemlich exakt die Dinge beschrieben, die auch im geheimen Geheimbericht stehen.
Natürlich ist der geheime Geheimbericht selbst nicht veröffentlicht. Es ist halt ein stinknormales internes Dokument. Ein schnöder Arbeitsbericht zu einem klar kommunizierten Thema.
Warum also der Aufstand? Auch das ist schnell beantwortet: Weil es um Maßnahmen gegen Propaganda geht. Damit kennt sich der Autor des Berichts auf den Nachdenkseiten in jedem Fall gut aus. Schließlich war Florian Warweg lange Jahre Online-Chef des russischen Propagandamediums RT in Deutschland. Tja.