Der Klimajournalist Wolfgang Blau hat mich mit einem Tweet auf einen Bericht der Internationalen Energie Agentur mit dem Titel „Saving Oil in Hurry“ („Schnell Öl sparen“) aufmerksam gemacht. Ich muss zugeben, dass ich nicht die Zeit habe, um mir die gesamten knapp 80 Seiten dieses Berichts durchzulesen, aber eigentlich reicht schon die Zusammenfassung und eine paar Abschnitte hier und da für sehr naheliegende Rückschlüsse.
Der Bericht beschränkt sich auf den Verkehrssektor, weil dieser Bereich sehr stark am Gesamtölverbrauch beteiligt ist und mithin also auch ein sehr hohes Einsparpotential bietet. Es geht auch ganz klar nur um schnell umsetzbare Maßnahmen zur Senkung des Kraftstoffverbrauchs, da Eile geboten ist und Neuentwicklungen nicht schnell zu machen sind.
Untersucht wurden sehr verschiedene Maßnahmen und ihre jeweilige Auswirkung je nach Region. Vor allem die regionale Betrachtung zeigte, dass es starke lokale Unterschiede gibt. Keine Maßnahme und kein Maßnahmenpaket passt überall. Jede denkbare Maßnahme kann man schließlich auch noch mehr oder weniger radikal ausgestalten.
Für jede mögliche Maßnahme gibt es schließlich auch Grafiken, die zeigen, wie erfolgreich das sein kann. Schon ein grober Überblick zeigt sofort: Nirgends sind Maßnahmen erfolgreicher als in den USA, oft in mehr oder weniger geringem Abstand gefolgt von Europa. Hier stecken also die automobilen Großverschmutzer. Insgesamt können mit teils sehr einfachen Maßnahmen recht schnell hunderttausend Barrel Öl pro Tag eingespart werden.
Ich beschränke mich im Folgenden auf Europa, denn da leben wir nun mal.
Wenig überraschend: Richtig fett sparen geht mit drastischen Maßnahmen. Ein abwechselndes Fahrverbot für Nummernschilder mit geraden und ungeraden Nummern würde auf einen Schlag unseren Rohölverbrauch um 10% erniedrigen. Aber schon einfache Tempolimits hätten eine Reduktion von einigen Prozent zur Folge. Kombiniert man mehrere und tut das nach dem Zuckerbrot-und-Peitsche-Prinzip, so kommt man auch schnell zu zehn oder zwanzig Prozent.
Einige Beispiele für OECD-Europa:
- Tempolimit 100 km/h auf Autobahnen, 90 auf Landstraßen: 200.000 Barrel pro Tag.
- Kostenfreier ÖPNV bei moderat verbesserter Taktung: 60.000 Barrel pro Tag.
- Homeoffice wo möglich an einem bis drei Tage pro Woche: 70.000 – 120.000 Barrel pro Tag.
- Bewerben von Rideshareing und Carpooling: ~150.000 Barrel pro Tag.
- Kampagnen für öko-freundliches Fahren: 220.000 Barrel pro Tag.
- Maßnahmen zur Verteuerung des Fahrens (Parkgebühren, Straßennutzungsgebühren): 250.000 Barrel pro Tag
Das sind in der Summe bis zu einer Million Barrel pro Tag oder 156 Millionen Liter pro Tag oder 57 Milliarden Liter pro Jahr. Wir verbrauchen in Europa derzeit rund 700 Milliarden Liter pro Jahr. Davon kommen rund 25% oder 175 Milliarden Liter aus Russland. Im Verkehr könnten wir also selbst ohne andere Antriebe (Elektroauto) ein knappes Drittel der gesamten russischen Importe mit zum Teil gar nicht mal so drastischen Maßnahmen einsparen. Das würde uns von Russland unabhängiger machen und dem Klima helfen.
Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Der von mir als Hauptquelle verwendete Bericht ist bereits vier Jahre alt. Wir wissen also, was zu tun ist. Wir tun es halt nicht. In Europa lassen wir es sogar zu, dass der Spritverbrauch der Neu(!)wagen seit einigen Jahren wieder steigt (mehr Masse verbraucht mehr Benzin) und in Deutschland verbrauchen die Neuwagen europaweit am meisten. Fast einen Liter mehr, als in Frankreich oder den Niederlanden.
Ich finde sowas ja beschämend.