Ehe ist mehr als Kinder haben

Morgen früh geht es im Bundestag um die Ehe für alle und es sieht gut aus, denn die Zeichen stehen nun auf völlige Gleichstellung. Nur einige Unionisten zicken noch. Alle Gegner führen die gleiche Begründung an und exemplarisch zitiere ich aus einem Interview der Badischen Zeitung den ausscheidenden Waldshuter MdB Dörflinger:

Der Staat würdigt in der Verfassung nicht die Liebe zwischen zwei Menschen, sondern die Tatsache, dass die Beziehung zwischen Mann und Frau, die sich in der Ehe dokumentiert, auf die Weitergabe von Leben ausgelegt ist.

Hm. Nun bin ich zwar schon etwas länger verheiratet und meine Erinnerung mag getrübt sein, aber das war jetzt nicht der Grund, warum meine Frau und ich geheiratet haben. Noch nicht einmal der Hauptgrund. Viel wichtiger waren und die gegenseitige Unterstützung, der gemeinsame Weg durchs Leben, das für einander da sein in guten wie in schlechten Tagen (Hallo, ihr Bischöfe und Kardinäle!), die gegenseitige Absicherung und natürlich die Liebe zueinander. Kinder waren damals noch kein Thema und es dauerte dann ja auch noch ca. drei Jahre, bis wir dieses Projekt in Angriff nahmen und knapp vier bis zu dessen erster Vollendung. Die zeitliche Differenz ist den biologischen Rahmenbedingungen geschuldet.

Nun kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass das ganz valide moralische Gründe sind, aber eben nichts mit den staatlichen Vorgaben zu tun haben muss. Diese sind eben im Moment eben so, dass man die Ehe zwischen Mann und Frau privilegiert, weil nur daraus neues Leben direkt hervorgehen kann.

Nö. Erstens, ist der gesellschaftliche Konsens über moralische Werte nicht statisch und entwickelt sich weiter. Das hat die Gesetzgebung zu berücksichtigen. Vor wenigen Jahrzehnten noch mussten Frauen ihre Männer um Erlaubnis bitten, wenn sie arbeiten gehen wollten. Da schüttelt sich heute jeder nur noch kurz, wenn man daran erinnert. Zweitens, war Ehe noch nie rein auf Fortpflanzung angelegt. Daran habe ich oben schon mal erinnert, als ich aus der kirchlichen Vermählungsformel zitierte: „… in guten wie in schlechten Tagen“. Da liegt das um einander Kümmern ja schon drin und genau das ist auch ein wesentlicher Aspekt der staatlich legitimierten Ehe und ein klarer Bestandteil des staatlichen Wertegebäudes.

Deshalb ist das, was morgen früh im Bundestag aller Wahrscheinlichkeit nach passieren wird auch gut. Und wenn unsere Enkel irgendwann mal ihren Kindern erzählen werden, dass gleichgeschlechtliche Ehen noch bis 2017 nicht voll anerkannt waren, dann werden die wahrscheinlich auch nur noch einmal kurz erschaudern.