Kann es tatsächlich sein, dass man einen Sozialdemokraten dafür geißelt, dass er versucht 16.000 Jobs in der Tarifbindung zu erhalten? Ich bin froh, dass nicht nur ich mich das frage.
Gleich drei, mir wichtige Kommentare erschienen dieser Tage dazu. Der fuliminanteste dazu kommt von der Süddeutschen und dann natürlich von Prantl:
Wenn Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Rahmen der Möglichkeiten, die das Gesetz ihm ausdrücklich gibt, per Ministererlaubnis bei Tengelmann Arbeitsplätze zu sichern versucht, ist das nicht zu tadeln, sondern zu loben.
… und noch eindrücklicher:
Die Beschlüsse des Kartellgerichts in Sachen Tengelmann sind eine juristische Kriegserklärung dreier Richter … gegen die Politik als solche. Die Richter wollen das politische Ermessen durch ihr eigenes Ermessen ersetzen; sie wollen die Wirtschaftspolitik juristisch so kontrollieren, dass ihr im konkreten Fall kein Spielraum bleibt.
Christoph Ziedler argumentiert in der Badische Zeitung von heute sehr ähnlich. Er geht vielleicht sogar noch ein bisschen weiter und betont den Primat der Politik stärker. Und er stellt sich klar gegen die neoliberale Ideologie:
Unabhängig aber vom Ausgang täte das Land gut daran, ein entspannteres Verhältnis zur Wirtschaftspolitik zu entwickeln. Nicht jede Maßnahme stellt einen ordnungspolitischen Sündenfall dar oder ruft die Planwirtschaft herbei – manche Zukunftsaufgabe ist ohne Eingriff ins freie Spiel des Marktes kaum zu bewältigen.
Besser als Prantl schiebt Petra Pinzler in einem schon älteren Kommentar in der Zeit nach vorne, dass es nicht rein um die Erhaltung der Arbeitsplätze ging, sondern im besonderen um deren Tarifbindung. Sie wundert sich warum das nach Richtermeinung nicht dem Gemeinwohl dienen soll:
Selbst marktliberale Organisation wie der Internationale Währungsfonds (IWF) schreiben heute, dass der Niedergang von Gewerkschaften oder die Abschaffung von Mindestlöhnen zu höherer Ungleichheit führt. … Und sie wissen … heute auch: Zu viel Ungleichheit verringert die Zukunftschancen eines Landes.
In conclusio: Es fällt mir schwer, richterliche Entscheidungen zu kritisieren. Dieses mal habe ich aber eine klare Meinung: Sigmar, das ist alles gar nicht so falsch was du da gemacht hast. Solange Sozialdemokraten für Arbeitsplätze in Tarifbindung kämpfen, ist alles so, wie es sein soll.
Bildquelle: sigmar-gabriel.de, (c) Dominik Butzmann