Meine Unterstützung des Bündnisses FreiVAC und mein Artikel zu den Freiburger Corona-Demos von Mitte Januar haben zu verschiedenen Reaktionen geführt. Auf zwei davon möchte ich etwas näher eingehen.
Ein Parteifreund äußerte sich sehr kritisch über meinen Artikel, der auch in unserem Mitgliederbrief erschien, und nannte den Beitrag zu einseitig. „Wenn an drei Samstagen in Folge ca. 6000 Leute auf die Straße gehen, dann ist das eine Botschaft, über die man nachdenken muss“ schreibt er weiter, verabscheut ein Gleichsetzen der Demonstrierenden mit Nazis und warnt vor Spaltung.
Der Hinweis auf die vielen Teilnehmer ist berechtigt. Sicher stimmt es auch, dass da viele Menschen dabei sind, denen man keinen Nazismus vorwerfen muss, was ich auch nicht tat oder tue. Bestimmt sind welche dabei, die einfach nicht oder nicht mehr mit der Situation zurecht kommen. Man darf den Teilnehmern aber schon abverlangen, dass sie sich mal damit beschäftigen, wem sie da hinterher rennen. Da hilft ein Blick auf den Telegram-Kanal des Veranstalters „FreiburgFreiSein“ mit Frontmann Malte Wendt. Der Telegram-Kanal hat gut 2.000 Mitglieder und ist auch so offen einsehbar, viele der Demonstranten wissen also genau, wer da vorne dran steht.
Der Kanal ist voll mit skurrilen Warnung vor den ach so gefährlichen Impfungen. Würde alles stimmen, was da mit großer Panik gepostet wird, dann würden sich auf den Straßen die Leichenberge auftürmen. Zwischendrin eingestreut findet man dann aber mit schöner Regelmäßigkeit nette Werbevideos und Grußbotschaften der AfD, während gleichzeitig unsere SPD-Abgeordnete Derya Türk-Nachbaur an den Pranger gestellt wird. Ebenso erscheinen regelmäßig Botschaften aus dem Kanal des Organisators Malte Wendt, der sich über einen der Frontmänner der Gegenbewegung FreiVAC, dem Freiburger Altstadtrat Sebastian Müller, dann zum Beispiel so äußert:
„Sebastian Müller, eine zentrale Figur der linksextremen Szene in Freiburg, ein notorischer Lügner und leidenschaftlicher Denunziant, ein widerlicher kleiner Kerl, welcher gerne auf der Seite des Starken auf den am Boden liegenden Schwachen eintritt, twitterte dazu: „Lügenpresse!“
Sebastian Müller hat im übrigen Corona-Impfungen von unter 5-Jährign organisiert. Für dieses Verbrechen wird er für die nächsten Jahrzehnte Polizeischutz benötigen.“
Wer spaltet mit seiner Rhethorik? Wer spricht kaum oder gar nicht verhohlene Drohungen aus? Und da wir gerade dabei sind: Wer ist Malte Wendts Anwalt? Der Freiburger AfD-Stadtrat (oder auch nicht mehr AfD, wie auch immer) und Ultrarechtsaußen Mandic ist es.
Nochmal: Da laufen keine 6.000 Spalter oder Nazis in den Querdenker-Demos. Aber sie laufen solchen Leuten hinterher und das müssen sie sich vorwerfen lassen.
Kommen wir zur zweiten Reaktion, die wohl auf meine Unterstützung von FreiVAC zurückgeht. Dazu kam eine anonyme Mail mit einer E-Mail-Adresse von einem typischen Mailanbieter und dem Wort „vernunft“ for dem @. Ja, Regel Nummer 1 „nicht auf anonyme Mails reagieren“ stimmt. Und ja, wer sich schon mal selber „Vernunft“ nennt, ist meist alles, nur nicht vernünftig. Ich finde aber, der Inhalt der Mail ist durchaus interessant und entlarvend. Auf alles kann und will ich nicht eingehen, denn der Text ist ellenlang. Ein Freund meinte dazu: „Wer so viel schreiben muss, um was zu sagen, der hat nix zu sagen und redet nur Stuss.“ – oder so ähnlich. Das ist was dran, obwohl ich gestehen muss, dass ich oft auch recht lang schreibe … ;-).
Ich will aus dem Text aber nur einen Satz herausgreifen, den ich für die Kernbotschaft der Mail halte, auch wenn der Satz gar nicht so prominent heraussticht. Der Satz lautet:
„Solidarität für sich ist kein Argument, sondern ein Kampfbegriff, um Diskurs abzuwürgen.“
Für mich als Sozialdemokrat ist Solidarität kein Kampfbegriff, sondern einer der drei Grundwerte meiner Partei. Man muss aber kein Sozi sein, um so zu denken und zu fühlen.
Der Satz bestätigt mich aber in meiner Einschätzung: Die wahrscheinlich größte Truppe bei den Freiburger Querdenkern sind die Egoisten. Sie brüllen „Freiheit“, meinen aber nur sich selbst. „Ich, ich, ich“ ist das Lebensmotto. Ich habe dazu mal das Wort „Wohlstandsverwahrlosung“ gelesen. Von solchen Leuten grenze ich mich gerne ab. Wer das „spalten“ nennen will, der darf das gerne. Damit muss ich leben. Geht gut.